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Channel: Kommentare zu: Das Risiko eines politischen Blackouts: Beginnt die nächste große Krise in China?
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Von: aquadraht

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Offen gestanden finde ich die Analyse sehr schlecht. Ich kann im Falle Japans noch so weit zustimmen, dass die aggressive nationalistische Aussenpolitik Abes die Chancen der japanischen Wirtschaft auf dem wichtigen chinesischen Markt beeinträchtigt. Es ist auch richtig, dass die Abenoḿics praktisch gescheitert sind. Sie waren von vorneherein riskant, da eine Yen-Abwertung voll auf die Importe, vor allem die Energie- und Rohstoffimporte durchschlägt. Das hat zwar die Inflation erhöht, aber hier zeigte sich die Sinn- und Hirnlosigkeit monetaristischer Ansätze. Die Kaufkrafteinbussen haben eventuelle Entspareffekte überkompensiert.

Und hier liegt die eigentliche Schwäche der Abenomics: das versprochene dritte Standbein, die Erhöhung der Masseneinkommen, wurde praktisch gar nicht implementiert.

Derzeit ist die japanische Wirtschaft dennoch noch nicht in Gefahr, da die hohe Staatsverschuldung wesentlich Binnenverschuldung ist und die Nettozahlungsposition durch die Jahrzehnte der Zahlungsbilanzüberschüsse noch komfortabel ist. Auch bei den USA hat es Jahrzehnte gedauert, ehe sie vom Nettogläubiger zum Nettoschuldner wurden. Insofern hat Japan noch Zeit, aber nicht mehr endlos.

Die “Analyse” zu China war, mit Verlaub, grottenschlecht. Allein schon die “Epoch Times”, das Zentralorgan der Falun-Gong-Sekte, spöttisch als Zeitung mit den meisten Falschmeldungen der Welt beschrieben, zum Beleg heranzunehmen, ist ein Armutszeugnis.

Die anderen “Belege” für einen tendenziell katastrophischen Machtkampf in China sind nur moderat besser, wenn überhaupt. Es spricht Bände über die Chinakenntnis westlicher Journalisten, wenn sie unterstellen, alle 70 Millionen Mitglieder der KPCh (und noch einmal so viele der Kommunistischen Jugendorganisation) würden dieser zum Zweck der Selbstbereicherung beitreten, und ohne dies würde das System, das allein auf Korruption beruhe, kollabieren.

Die Zhongnanhai-Astrologie mag ja ganz interessant sein, sie bewegt sich weitgehend auf dem Niveau der Soraya-Presse. Keiner der “Analytiker” liest die chinesischen politologischen, soziologischen und ökonomischen Periodika, meist nicht einmal das, was ins Englische übersetzt wird. Stattdessen spekuliert man über Personen.

Ich weiss nicht, was mit Zhou Yonkang ist, und es interessiert mich höchstens marginal. Mag sein, dass er sich in Machtkämpfen verhoben hat, oder auch, dass er zu sehr der alten – nicht nur chinesischen – Unsitte der Guanxi-Netzwerke gefrönt, sich und seine Verwandten und Guanxi bereichert hat oder hat sich bereichern lassen. Dieses Gift der Korruption ist in der Tat
ein grosses Problem, und nicht nur in China (im Westen ist das natürlich gaaanz anders). Und es ist auch nicht ausgeschlossen oder unwahrscheinlich, dass der Antikorruptionskampf in China von der gegenwärtigen Führung instrumentalisiert wird.

Dennoch ist der Kurs der Xi-Jinping-Führung derzeit durchaus vernünftig. Die Ablösung des überwiegend export- und niedriglohngetriebenen Entwicklungsmodell wurde bereits von der vorherigen Führung von Hu und Wen betrieben, ebenso die sozial- und wohnungspolitischen Massnahmen. Und Wachstum über 7% ist wirklich kein Krisenzeichen. Die Spekulationsprobleme am Immobilienmarkt mögen nicht komplett überwunden sein, aber gegenüber 2010/11 ist die “Blase”, deren Platzen fast stündlich vorausgesagt wurde, erheblich geschrumpft.

Eventuell ist es auch eine stillschweigende Bankrotterklärung der seit Anfang der neunziger Jahre anhaltenden China-Crashprophetie, wenn jetzt auf den politischen Knall spekuliert wird. Ich frage mich, was, selbst bei einer Palastrevolte in Zhongnanhai, eigentlich substanziell geändert werden soll?

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